Beautiful Desolation

Ein isometrisches Point&Click, das sich wie ein RPG anfühlt, aber keins ist. Die unheroische Wahl der Helden erinnert an Disco Elysium, aber eine Charakterentwicklung gibt es bei Beautiful Desolation nicht.
Stattdessen gibt es schöne, postapokalyptische Landschaften und jede Menge religiös verwirrter »Aliens«, die sich nach dem Erscheinen einer riesigen »Struktur« im Laufe der Zeit auf der Erde entwickelt haben, und vom Helden (einem Journalisten) nach einer unfreiwilligen Reise in die Zukunft entdeckt werden, die sich ergab, als er mithilfe seines Bruders endlich herausfinden wollte, was es mit der »Struktur« auf sich hat.

Ein nicht unwesentlicher Teil der Story dreht sich um die Verschmelzung von Mensch und Maschine, ökologisches Desaster und Moral. Außerdem geht es um das schwierige Verhältnis zwischen dem Helden und seinem Bruder sowie die beginnende Freundschaft zu einem hundeähnlichen, zu Emotionen fähigen Bot.

Der erste Teil besteht daraus, ein Fluggerät zum Fliegen zu bringen und eine Art »Warpschleuder« in Betrieb zu nehmen, damit man die verschiedenen Orte und Gebiete besuchen kann.
Das sieht erst einmal alles gut aus und spielt sich auch gut, aber langsam, weil der gesteuerte Held aus unbekannten Gründen immer mal wieder in den Trödelmodus verfällt.
Es wird allerdings schnell verwirrend, sobald man mit dem Reisen beginnt.

Die »To-Do« Liste vermeldet nur die »Hauptquests«, und das nur in einem Satz ohne jede weitere Erläuterung, wie zum Beispiel einen Ort, was wirklich super hilfreich wäre. Für »Nebenquests« muss man in Dialogen genau hinhören und sich ev Notizen machen. Es gibt zwar eine Dialogübersicht, aber … nun ja. Ich stand noch nie darauf, Dialoge im Nachhinein durchsuchen zu müssen, um eine mögliche Aufgabe zu finden.
Überhaupt legt man sich am besten Papier und Stift bereit, um festzuhalten, was sich an welchem Ort befindet, was man wo holen, wem man was bringen soll, und was man wo braucht.
Das ist für P&C Games zwar normal, aber bei Beautiful Desolation verbirgt sich hinter dem ganzen Hin und Her der »Nebenquests« (wenn man sie denn mitbekommen hat) noch etwas anderes, nämlich jede Menge »Archievements«.

Nun liegt mir an ein paar bunten Batches nicht so viel, aber im Allgemeinen lege ich schon Wert darauf, in einem Spiel so viel wie möglich von dem zu machen, was sich machen lässt, und in diesem Punkt ist bei Beautiful Desolation eine Menge Sand im Getriebe, der einem den Spaß nimmt:

  • Das Reisen zu Orten, von denen man häufig nur so ungefähr weiß, ob es die richtigen sind, wird – so hübsch es auch anzuschauen ist – sehr repetitiv, und ist irgendwann nur noch eine blöde Verzögerung.
  • Zu findende Gegenstände machen sich nur ungern bemerkbar, weshalb man schnell etwas übersieht, vor allem wenn man als Folge der Ereignisse ein Gebiet bereisen muss, das man vorher schon einmal abgesucht hat.
  • Es gibt in jeder Gegend nur wenige NPCs, mit denen man kommunizieren kann, und manchmal auch nicht, da es offenbar eine Reihenfolge der Kommunikation und Aktion gibt, die einem entgangen ist, was dann weiteres Reisen auf gut Glück erfordert, wenn man sich nicht irgendwo Notizen gemacht hat …
  • Es gibt außerdem keine Übersichtskarten der einzelnen Orte, und man muss immer erst eine Weile laufen, bevor man einen Ansprechpartner oder einen Interaktionspunkt findet. Auch das Herauszoomen bringt da nicht viel, man sieht das meiste nach der Landung nicht. Da sich einige Orte auf den ersten Blick ziemlich ähnlich sind, ist das eine weitere Verzögerung, die nichts bringt, außer einem irgendwann die Lust zu nehmen.

Einen weiteren Spielabend nach diesem Text hatte ich genug.

Das Spiel hat in meinen Augen ein Problem auf der Meta-Ebene, was die Bindung der Spielerseele betrifft. Es ist völlig ok, wenn ich viel herumsuchen muss, solange mich die Story und die Charaktere interessieren oder wenn es eine wirkliche logische Herausforderung gibt. Aber ohne dem fehlt die Motivation, vor allem, wenn es kein Journal gibt, das einem schnell und übersichtlich Auskunft gibt, was als Nächstes anliegt.
Ich habe inzwischen keine Ahnung mehr, wohin ich will, oder warum, und irgendwie fühle ich mich auf den Arm genommen.
Das sind keine echten Rätsel, sondern der Versuch, simple »Hol mich-Bring mich« Quests als Rätsel zu tarnen, indem man es allein dem Spieler überlässt, sich zurechtzufinden. Gäbe es ein ordentliches Journal und eine Markierung auf der Karte, wäre das Spiel nur ein Abhaken von Punkten auf einer Liste. Leider wird einem aber nicht einmal mitgeteilt, wenn zb alle Aufgaben erledigt sind und nur noch der Abschluss ansteht, und das, plus der ganzen Reiserei durch sechs Gebiete und unzählige Orte, reicht mir jetzt.
Schade eigentlich.
Die Idee war interessant, P&C mit dem Feeling eines isometrischen RPGs zu verbinden. Das Spiel sieht schön aus, und jemand hat da eine Menge Arbeit hineingesteckt.
Trotzdem funktioniert es (für mich) leider nicht wirklich.

Beautiful Desolation, Brotherhood Games/2020
Illustration: Screenshot von der Reise mit der »Warpschleuder«

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